Vom Fasten zu sprechen ist heute nicht modern. Dieses Wort hat bei vielen Menschen einen Beigeschmack, der nicht gerade einladend ist. Darum verwende ich lieber das Wort Verzicht. Es tönt positiver. Und darum geht es doch, gerade bei uns Anfängern, dass wir auch dem Fasten einen positiven Sinn abgewinnen.
Den positiven Sinn des Verzichtens können wir zuerst einmal ganz menschlich, sehr psychologisch sehen. Wir alle sind immer wieder gezwungen, auf etwas zu verzichten, das wir gerne haben möchten, das uns aber unerreichbar oder verboten ist. Wir können darauf auf ganz verschie-dene Art reagieren. Wir können traurig werden oder wütend, wir können versuchen Gewalt anzuwenden, wir können die Gesetze missachten in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden, oder wir können auch ganz einfach akzeptieren, was nicht zu ändern ist. Dieses Akzeptieren ist nicht immer einfach. Doch auch hier kann uns die Übung sehr helfen. Wenn ich in unwichtigeren Situationen versuche, bewusst o.k. zu sagen, auch die posi-tiven Seiten zu sehen; dann fällt mir dies auch in schwierigeren Situationen immer leichter.
Nun gibt es
aber noch einen weiteren Weg, eine solche
Haltung zu erlan-gen. Ich kann versuchen, hin und wieder und endlich
regelmäßig
ganz bewusst zu verzichten, auch wenn ich dazu nicht unbedingt
gezwungen bin.
Dabei lerne ich immer mehr, die Güter abzuwägen, das
Notwendige vom Wichtigen,
das Wichtige vom Unnützen und das Unnütze vom
Schädlichen zu unterscheiden.
Wenn ich dann dieses Unterscheidungs-vermögen dazu verwende,
um mir auch im
geistigen Bereich Klarheit zu verschaffen über das, was mir
weiterhilft und was
nicht, was mir hilfreich und was doch eher schädlich ist, habe
ich sehr viel
dabei gewonnen. Ein solcher Verzicht wird dann zu einem wichtigen
Schritt auf
meinem Weg zur Heiligkeit. Ich lerne dabei, die Dinge mit den Augen
Gottes zu
sehen, aufmerksam zu werden auf das, was aus seiner Sicht für
mich notwendig,
nützlich oder schädlich ist. Dann stört es
mich auch nicht mehr, ihn Fasten zu
nennen. "Das Fasten des Leibes hält die Sünde
nieder", betet die
Kirche in der Liturgie der Fastenzeit. Auch das ist ein positiver Sinn
meines
Verzichts. Wenn ich übe, zu Dingen Nein zu sagen, dann hilft
mir dies auch,
wenn die Versuchung an mich herantritt. Wenn ich zu verzichten gelernt
habe,
dann fällt mir dies dann leichter, wenn mir Gott in seiner
Weisheit einen
Verzicht auferlegt. Solches Fasten hilft mir, wenn einmal Schmerz und
Leid in
mein Leben treten, wenn ich einmal auf Gesundheit und Glück
verzichten muss.
Gott weiß, warum dies für mich gut ist. Habe ich
erst eine gewisse Übung im
Verzicht, so fällt mir dies auch in schweren Stunden leichter.
Verzicht
und Fasten stärken also meine Beziehung zu Gott.
Sie helfen mir, den Schöpferwillen Gottes immer besser zu
erkennen und mich ihm
unterzuordnen. Wenn ich dann noch erkenne, dass Fasten und gute Werke
zusammengehören, so öffnet sich mir ein weiterer
positiver Sinn. Ich werde dann
beginnen zu fasten, zu verzichten, damit andere ebenfalls zu ihrem
Recht
kommen, damit andere weniger leiden. Damit breche ich auch wieder
einmal aus
meiner Ichbezogenheit aus. Beziehung zu Gott weitet sich immer mehr auf
all
seine Geschöpfe aus. Ich beginne zu begreifen, dass Gott nicht
nur mein Gott
ist, sondern der Gott aller.
Vielleicht sollte ich auch versuchen, immer wieder mein Verzichten, mein Fasten in klingende Münze umzusetzen. Das was ich beim Essen einspare oder beim Rauchen, beim Kinobesuch oder wo auch immer, auf die Seite zu legen und dann dieses Geld einzusetzen für all die guten Werke, die ich unterstützen möchte. Ich glaube, das wäre - zumindest in den Augen Gottes - mehr, als wenn ich den Überschuss meines Kontos an die Hilfswerke überweise. Wäre ich dann nicht ein wenig wie jene arme Witwe im Evan-gelium, die zwar nur eine kleine Münze in den Opferstock warf, aber eine, die sie sich effektiv vom Munde abgespart hat? Natürlich soll dieser Gedanke mich nun nicht daran hindern, auch von meinem Überschuss zu spenden. Das eine tun und das andere nicht lassen, das würde wohl Gott am besten gefallen.
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